Zahlentricks – das BAFU beschönigt die Biodiversitätskrise
Die Regierung gibt zu, dass der Zustand der Schweizer Biodiversität „alarmierend“ ist.
Rund ein Drittel aller untersuchten Arten sind gefährdet, bei vier von sieben Artengruppen hat das Aussterberisiko zugenommen, unsere Schutzgebiete verfehlen flächenmässig die Aichi- und Kunming-Montreal-Ziele bei weitem (die Schweiz ist Schlusslicht unter den 30 EU-Ländern), und wir haben ein tieferes Schutzniveau als andere OECD-Länder.
Dennoch glaubt die Öffentlichkeit weiterhin, dass es der Schweizer Natur gut gehe. Proaktive Sensibilisierungskampagnen und ein besserer Zugang zu Informationen über den Zustand der Biodiversität sind dringend notwendig, aber die Regierung und das Bundesamt für Umwelt (BAFU) scheinen es nicht eilig zu haben, diesen Irrglauben zu korrigieren. Schlimmer noch, sie scheinen die Wahrheit absichtlich zu verbergen und an den Zahlen herumzudoktern.
So hat das Bundesamt für Umwelt (BAFU) den jüngsten Bericht über den Zustand der Biodiversität in der Schweiz im Jahr 2023 veröffentlicht. In der dazugehörigen Medienmitteilung heisst es: „Die Schweiz weist eine hohe Artenvielfalt aus. Doch sie ist unter Druck: 17 Prozent aller Arten sind «vom Aussterben bedroht» oder «stark gefährdet». Weitere 16 Prozent gelten als «verletzlich» – ihr Bestand ist in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent geschrumpft. Viele ökologisch wertvolle Lebensräume sind in den letzten Jahrzehnten kleiner geworden und schlechter vernetzt.„
Demgegenüber steht die viel dramatischere Pressemitteilung zum Biodiversitätsbericht 2017 des BAFU, in der gewarnt wird:
„Fast die Hälfte der untersuchten Lebensräume und mehr als ein Drittel der Tier- und Pflanzenarten sind bedroht. Hauptgründe dafür sind die intensive Nutzung von Boden und Gewässern sowie die hohe Belastung durch Stickstoff. Der anhaltende Verlust an biologischer Vielfalt bedroht einheimische Arten in ihrer Existenz und gefährdet zentrale Lebensgrundlagen für die Menschen und die Wirtschaft sowie die Einzigartigkeit der Landschaften in der Schweiz“.
Man könnte also davon ausgehen, dass es um die Biodiversität in der Schweiz seit den letzten sechs Jahren besser bestellt sei.
Dem ist jedoch nicht so.
Was sich geändert hat, ist die Art und Weise, wie die Zahlen verwaltet und gemeldet werden.
Bei genauer Lektüre des Berichts 2023 fällt auf, dass das BAFU „ausgestorbene Arten“ gar nicht erwähnt und „vulnerable“ Arten gesondert aufgeführt hat. Dies widerspricht der gängigen internationalen Praxis.
In einem Artikel der «Republik» 2023 wird der Schweizer Regierung zudem Greenwashing vorgeworfen und vermutet, dass „alle Medienmitteilungen mit dem Rotstift bearbeitet und alle unbequemen Zahlen gestrichen werden“. Auch werden offenbar Ziele abgeschwächt, um sie leichter erreichen zu können, und fehlende Finanzmittel werden häufig als Vorwand für die Verschiebung und Verzögerung von Fristen angeführt. Unzureichende Mittel waren offenbar der Grund für die Verzögerung der Umsetzung des Aktionsplans für biologische Vielfalt um ein Jahr.
Dennoch hat die Regierung kein Problem damit, Subventionen in Höhe von 40 Milliarden Franken auszuzahlen, die „Strukturen sowie Produktions- und Konsummuster, die der biologischen Vielfalt schaden, aufrechterhalten oder fördern“. Diese Subventionen sind um den Faktor 30 – 40 höher als jene, die für die Förderung der Biodiversität gewährt werden.
Die Regierung und die Öffentlichkeit sollten an die Warnung des BAFU von 2017 erinnert werden:
„Der anhaltende Verlust an biologischer Vielfalt bedroht einheimische Arten in ihrer Existenz und gefährdet zentrale Lebensgrundlagen für die Menschen und die Wirtschaft sowie die Einzigartigkeit der Landschaften in der Schweiz.„
Der Wert der Biodiversität ist unermesslich. Wir schwächen sie auf eigene Gefahr.
Februar 2024